Naturwerkstoffe
Propolis-Farben Meiners

Craquelee

Hasenleimgrundierung 1:12, ein Auftrag

Kreidegrund, 2 bis 3 Schichten, Leimwasser mit Hasenleim wie 1.

Je nach erwünschter Oberflächenqualität (selbstredend...) Zwischenschliffe

Knochenleim, 1:12, ein Auftrag

Hasenleim, 1:12, bis zur Sättigung pigmentieren

Reisstärkepaste herstellen: in kaltes Wasser bis zur Yoghurtdicke Reisstärke einrühren

5. Und 6. Zusammenrühren; je mehr Reisstärkepaste, desto stärkere Risse entstehen

Kreidegrund wie oben auftragen.

Mit einem Föhn trocknen, die Rissbildung beginnt

Wenn die Risse stark genug sind, weitere Risse durch Auftrag einer Harzlösung verhindern.

Das Ganze könnte auch ein wenig einfacher bewerkstelligt werden: Auf eine mit Lack o.ä., farbig oder nicht, abgesperrte Fläche die Stärkelösung wie oben auftragen

Stärkelösung oberflächlich antrocknen lassen, daß sie noch nicht reißt.

Wieder Kreidegrund oder sehr schnell trocknenden Lack auftragen und mit Föhn bis zur gewünschten Rissbildung trocknen, dann mit weiterer Lackschicht fixieren.

 

Dies beschreibt das Prinzip der Entstehung von Rissen, der Grundlage der Rißbildung, der Instabilität von Anstrichen oder in der gepflegteren Sprache der Kunst: dem Craquelee: für die Reisstärke wird meist Gummi Arabicum oder Dextrin benutzt, wobei wir nicht vergessen wollen, daß jedes dieser Bindemittel andere Rissbilder erzeugen kann, zu erwähnen – es lohnt sich also, alles einmal auszuprobieren, wenn z.B. schollen- oder gitter- oder spinnennetzartige Rissbildung gesucht wird. Diese Leime entwickeln derart starke Oberflächenspannung bei geringer Haftung auf dem Untergrund, trocknen also auf dem Knochenleim- oder Lackfirnis sehr hart und wenig haftfähig auf, daß sie durch die beschleunigte Trocknung mit dem Föhn einfach reißen müssen. Sichtbar durch die Risse würde in diesem Fall der weiße oder eingefärbte Grund, was nach der Fixierung mit beispielsweise Shellack-Lösung schon einen sehr schönen zweifarbigen Effekt ergäbe, der auch durch Einfärben der Risse mit Pigmenten oder Farbstofflösung erreichbar wäre. In den weiter unten aufgeführten Rezepten reißt der weiche Grundlack mit, denn so wenig haftfest ist die Gummilösung nun auch nicht, und die reißende Gummilösung kann dort, wo Wasser nicht schädlich, abgewaschen werden.

 

Soll nun auf dieser Grundlage weitergearbeitet – beispielsweise Blattmetall auf den so gerissenen Grund aufgelegt werden – könnte jetzt mit Mixtion (oder einem Öllack) eine matte Vergoldung hergestellt werden, die die entstandenen Risse sehr schön abbildet. Wenn eine entsprechend starke Shellac-Lösung zum Fixieren der Risse benutzt wird, daß kein Glanz auf der Oberfläche sich zeigt, könnte sogar mit einem Poliment weitergearbeitet werden, sodaß eine Glanzvergoldung möglich würde. Aber vielleicht führt dies an dieser Stelle schon etwas zu weit.

Manchmal ist es nur an einigen kleinen Ausschnitten nötig, dass ein Craquelee gebraucht wird, wie z.B. aus dekorativen Gründen bei Bilderrahmen, Möbeln – so genannten Marketerien – dann kann auch ein dünnes Gewebe normal mit einem Gesso grundiert werden, und man rollt auf entsprechender Unterlage einen zylin-drischen Gegenstand darüber, daß der Gesso bricht und die vorher in Form und Größe präparierten Gewebestücke aufgeklebt werden können. Auch hier kann dann so verfahren werden, wie obeb angedeutet. Auch innerhalb der Malerei können willentlich erzeugte Risse mit Vorteil dargestellt werden, dies werden wir weiter unten eingehender behandeln; ansonsten ist es nicht schwer, innerhalb der Acrylmalerei solche Rißpasten selbst herzustellen. Es braucht nur Kreide u./o. Marmormehl, Methylcellulose, etwas Acrülbinder, etwas Geduld bei der Selbstzezeptierung des Verhältnisses der Bestandteile untereinander, und die selbsthergestellte Paste wird genau dort reißen, wo man es will.

Ein Hinweis zu dem üblicherweise versuchten Craquelee muss noch gegeben werden, weil es sehr oft nicht gelingt, wenn man einfach nur das Prinzip „immer fett auf mager...“ umzukehren versucht; hierauf gründen allesamt die käuflich zu erwerbenden Rissbildungssysteme: z.B. ein Maler, der einen craquelierten oder gecrackten Anstrich herstellen soll, kann manchmal bis ans Ende seiner Tage auf die ersehnten Risse warten, wenn er nur auf einen fetten Öllack einen mageren Spirituslack o.ä. streicht und meint, die Spannungsunterschiede müssten schnell zu Rissen führen. Wenn das zu reißende Material hervorragende Haftungseigenschaften – wie Shellack z.B., welcher in den Fertigprodukten aber nicht verwendet wird- besitzt, dann ist es Glücksache und keineswegs steuerbar, ob Risse entstehen oder nicht.

Ebenfalls unerfreulich verhält es sich mit dem Kasein: dieses Bindemittel reißt auf nicht tragfähigen, zu stark saugenden und vor allem später auch auf nichtsaugenden Untergründen unweigerlich ab. Es nimmt aber auch einen großen Teil der möglicherweise aufgebrachten dekorativen Zwischenschichten mit sich, und die Risse sind ganz und gar nicht schön: das Kasein wölbt sich scharfkantig nach außen auf, die rhombischen u./o. trapezförmigen Placken reißen, wenn sie beigeschliffen werden, große Löcher usw. – also ein doch mehr uneinsichtiges Material, welches für andere Zwecke mit mehr Vorteil verwendet werden kann.

 

Hier ein einfacheres Rezept; man nehme:

 

Grundfarbe (bunt oder klar)

kann ein einfacher Kunstharzlack (Alkydharz-) oder Dammar-Terpentinöllack sein, dem ca. 20% Leinöl-Standöl zugemischt wird. Diese fette Mischung sollte aufgetragen soweit nur trocken sein, daß sie bei Druckausübung wieder klebt.

 

Um für die reißende Schicht das Rißmedium anzusetzen kann Gummi arabicum allein oder in Verbindung mit Dextrin im Verhältnis 1 : 3 in Wasser eingerührt und unter weiterem Rühren bis zur klaren Lösung auf nicht über 80°C erwärmt werden.

 

Auf die Lackschicht kann sehr dünn etwas Ochsengalle aufgestrichen werden, muß aber nicht; es würde aber das gleichmäßige Rißbild befördern.

 

Hierauf wird die fertige Gummilösung aufgetragen. Oft kann man beim Trocknen schon die Rißbildung erkennen; manchmal kann man mit dem Föhn auch etwas nachhelfen. Dicke Gummilösungen erzeugen dickere Risse; sehr dünne, reine Gummi arabicum-Lösungen eher ein feineres Rißbild als das mit Dextrin hergestellte.

 

Wenn zuerst ein Klarlack als Grund aufgestrichen wurde, kann nun in das entstandene Rißbild eine Ölfarbe dünn eingerieben werden und nach deren Trocknung wird die Gummischicht mit Wasser abgewaschen.

 

Weitere Verfahren Reißlacke zu erzeugen:

 

In einem warmen Raum (ca. 25°C) streicht man -evtl. vorher schon bemalte Flächen - mit einer recht starken Gelatinelösung, der 5% Glycerin zugemischt werden kann, um das schnelle Durchtrocknen zu verhindern, zweimal ein und überzieht, bevor die Gelatine richtig durchgetrocknet ist, mit einem farblosen Spirituslack, bringt diese Arbeit dann in einen Raum mit nur 10-12°C, und nach kurzer Zeit müßten sich zahlreiche feine Risse zeigen. Diese Technik ist selbstredend nur an mobilen Gegenständen praktikabel.

 

Auch mit Mehlkleistern und Leimlösungen lassen sich auf nicht durchgetrockneten fetten Lacken Risse erzeugen, die danach überlackiert werden können. Diese Techniken aus der Sphäre der Theatermalerei lassen sich beliebig abwandeln. Ob nun feinere, gröbere oder große Risse erzeugt, ob ganze Placken und Schollen sich aufwerfen und abblätternden Putz imitieren können, hängt von Dicke und Härte der aufgetragenen Materialien auf die weiche Unterlage ab.

 

Weitere Möglichkeiten für Rißtechniken bietet das Wasserglas, dessen schnelle und preisgünstige Verwendung allerdings durch die sehr starke Sprödigkeit und hohe Alkalität eingeschränkt wird. Das Wasserglas kann sowohl als Grundlack, worauf Leimlösungen aufgetragen werden, die nach erfolgter Rißbildung abgewaschen werden wie als Rißmedium, dem ca. 20% Glycerin zugesetzt werden können, verwendet werden. In diesem Fall kann als Grundlack ein 10%iger Spirituslack aus Sandarac oder Manilacopal benutzt werden, um den Untergrund abzusperren.

 

Das Prinzip für die Herstellung von Reißlacken, gerissenen oder gebrochenen Oberflächen ist immer gleich und erfordert die entsprechenden Arbeitsschritte:

 

1. Grundfarbe (bunt oder klar)

2. Reißlack oder -medium (div. Gummi- und Leimlösungen, Spiritus-, Cellulose- oder andere harte und haftfähige Bindemittel.

3. Überzugs- bzw, Schutzlack, farblos.

 

Die Art und Größe der Rißbildungen ist von der Stärke des Reißlackauftrags abhängig. Je dünner gestrichen oder gespritzt wird, desto feiner die Risse. Ob die Rißbildungsmuster nun gefällig sind oder nicht, hängt neben den eigenen Versuchsanordnungen auch von den ästhetischen Kombinationen bezogen auf den Endzweck ab. Es können auf gänzende oder matte Grundanstriche durch Kombination von durchsichtigen oder halbdurchsichtigen Reißlacken, durch Pigmentierung mit Bronzen, farbigen Metallpulvern, Perglanzfarben oder löslichen Farbstoffen etc. mit natürlichem oder künstlichem Licht verschiedenste Farb- und Kontrastwirkungen erzeugt werden. Darüberhinaus kann die Größe und Anzahl der Risse durch Änderung einzelner Faktoren der schichtbildenden Stoffe beeinflußt werden. Z.B. wird ein Grundanstrich mit schneller Anfangstrocknung und hoher Haftung aber langsamer Verdunstung der Lösungsmittel zu stärkeren Rissen und gröberen Zeichnungen in dem Rißmedium führen, wie man dies auch durch dicken Reißlack auf dickem Grundlack erreicht. Dagegen bilden sich entsprechend feine Risse in der Kombination von dünnem Unteranstrich und dünnem Rißmedium. Die Rißeffekte können überhaupt durch Verwendung mehr oder weniger schnell verdunstender Lösungsmittelkombinationen beeinflußt werden, wobei man z.B. bei Einsatz von Aceton darauf achten muß, daß zu reichliche Zugabe zum Weißanlaufen führt.

An dieser Stelle beenden wir vorläufig diesen Beitrag. Wir denken, das Prinzip dieser Technik ist hinreichend für Selbstversuche ausgebreitet. Für die weniger, z.B. aus Zeitmangel, versuchsorientierte Kundschaft haben wir jedoch auch ein fertig verwendbares klares Rißmedium im Angebot, welches jedoch bei Bedarf selbst farbig eingestellt werden müßte.

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